Raumexperimente:
7 K�nstler*innen treten in der Hamburger Kunsthalle gegen die Architektur an


Hamburger Kunsthalle: Die absurde Sch�nheit des Raumes
Gef�rdert von der Deutschen Bank



Zu den bekanntesten Projekten des Architekten Oswald Mathias Ungers (1926- 2007) geh�ren die Bebauung des Frankfurter Messegel�ndes mit dem ber�hmten Torhaus, das K�lner Wallraf-Richartz-Museum oder der 1997 fertiggestellte Neubau der Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle. Und eben deren Leiter Alexander Klar lud nun sieben K�nstler*innen ein, sich f�r die von der Deutschen Bank gef�rderte Ausstellung Die absurde Sch�nheit des Raumes vor Ort produktiv und kritisch mit Ungers Denken und Bauweise auseinanderzusetzen. 7 K�nstler*innen vs. Unger lautet der Untertitel der Schau. Der Museumsbau, ein Quader aus hellem Kalkstein, soll dabei ein „Resonanzraum“ f�r k�nstlerische und kuratorische Interventionen sein, die versuchen, diesen Raum in all seinen Dimensionen zu erfassen – als physikalische Einheit, Ausdruck kultureller Praxis und gesellschaftlicher Ordnungen. Dabei geht es auch um die „absurde“ Vorstellung, dass nicht nur die Artefakte, die im Museum ausgestellt sind, „sch�n“ oder �sthetisch ansprechend sein k�nnen, sondern auch der Raum selbst. Eigens f�r diese Schau wurden erstmals alle Fenster des Hauses freigelegt, die sonst durch Ausstellungseinbauten verdeckt sind.

Ungers gilt als Theoretiker der „zweiten Moderne“ und steht f�r eine durch und durch rationale, geometrische und zeitlose Bauweise. Er leitete seine Bauten kompromisslos von Grundformen wie Quadrat, Kreis, Kubus und Kugel ab. Von seinen ber�hmten Sch�ler*innen, wie Max Dudler, Hans Kollhoff, Rem Koolhaas oder Stararchitektin Zaha Hadid, bewundert, werfen ihm seine Kritiker*innen „Quadratismus“ vor: eine starre, formale Bauweise, deren Suche nach Klarheit, Reinheit und Ebenma� an heutigen gesellschaftlichen Bed�rfnissen vorbeigeht. Doch Ungers war sein Leben lang konsequent: „F�r mich ist der einzige Wert der Architektur die Architektur“, sagte er einmal. „Sie ist zweckfrei.“

Doch wie fragw�rdig diese vermeintliche Neutralit�t ist, zeigt gleich zu Beginn der Ausstellung Helga Schmidhubers Installation ARCHE endemisch. Sie l�sst das stadtbekannte Walross-Pr�parat „Antje“ inmitten von Pr�paraten aus Flora und Fauna wie die W�chterin einer Tier-Arche mit bedrohten Spezies thronen. Die zun�chst abstrakten und dann figurativ �bermalten Bilder bringen den puristischen Raum f�rmlich aus dem Gleichgewicht, stellen Ungers Geometrie organisch wuchernde Formen entgegen. Die Berliner K�nstlerin Claudia Wieser geht den genau entgegengesetzten Weg, korrespondiert mit der Klarheit des Raumes. Ihr riesiger, polierter Kubus spiegelt die Architektur Ungers buchst�blich wider. Doch zugleich stellt Wieser mit glasierten Keramikfliesen und Vasen dem architektonischen Purismus andere Traditionen der Moderne gegen�ber: Angewandte Kunst, das Dekor der Wiener Werkst�tte, die Freude am Ornament.

Andere K�nstler*innen wie Dana Greiner oder Dominik Halmer reagieren in ihren multimedialen und immersiven Rauminstallationen ebenfalls mit kritischem Blick auf die Architektur. Die Spannweite reicht von collagenhaften Raumgef�gen bis zu genau auf den Raum zugeschnittenen Videoprojektionen, die die Besucher*innen choreografisch miteinbeziehen. Die Werke von Franziska Reinbothe und Jan Albers sprengen die Grenzen zwischen Malerei, Skulptur und Architektur. Sie reagieren auf Ungers rasterartigen Formalismus und bringen Zufall, Zerst�rung und Zeit ins Spiel. Die leuchtend bunten karibischen Environments der venezolanischen K�nstlerin Sol Calero laden mit Sitzgruppen, tropischen Topfpflanzen und einer Wechselstube zur Interaktion ein. Sie hinterfragen klischeebehaftete Vorstellungen von Identit�t, Nationalit�t, Exotik und kennzeichnen das Museum auch als Raum f�r postkoloniale Diskurse. Man muss sich einlassen auf diese Ausstellung. Doch in seiner Vielfalt l�sst die kreative Auseinandersetzung zwischen Kunst und Architektur die Besucher*innen den umstrittenen Museumsraum wirklich neu erleben.

Die absurde Sch�nheit des Raumes
7 K�nstler*innen vs. Ungers

bis 07.03.2021
Hamburger Kunsthalle