Ways of Seeing Abstraction:
Phillip Zaiser, Testbild, 2000

Abstraktion, darunter verstehen die meisten Menschen noch immer eine Konzentration auf die Form. Eine Kunststr�mung, mit der �sthetische Ideen, Ordnungen, philosophische Ideen oder innere Gef�hle zum Ausdruck gebracht werden k�nnen – die aber mit der allt�glichen Lebenswirklichkeit nicht viel zu tun hat. Doch gerade in von Krisen gekennzeichneten Zeiten werden auch von der Kunst Relevanz und Dringlichkeit erwartet, eine Aussage zu aktuellen gesellschaftlichen Themen. K�nstlerisches Engagement vermittelt sich dabei heute nicht ausschlie�lich durch klare visuelle Botschaften und Inhalte – sondern immer mehr auch durch die Abstraktion. Gerade f�r j�ngere Generationen ist die gegenstandslose Kunst das Mittel der Wahl, um Politik, Religion oder soziale Fragen zu thematisieren. Mit Werken aus der Sammlung Deutsche Bank unternimmt die Ausstellung „Ways of Seeing Abstraction“ im PalaisPopulaire eine durchaus subjektive Bestandsaufnahme der internationalen Abstraktion von der Nachkriegsmoderne bis in die j�ngste Gegenwart – und dokumentiert die Vielfalt und Diskursivit�t, die sich hinter der Idee der gegenstandslosen, „reinen“ Form verbirgt. Anl�sslich der Schau zeigen wir Ihnen in unserer Serie Arbeiten von K�nstler*innen, die Abstraktion eigenwillig nutzen und auf neue Weise definieren.


Phillip Zaiser, Testbild, 2000
� Galerie Perp�tuel, Frankfurt am Main


Nach Sendeschluss flimmerten einst Testbilder �ber Millionen von TV-Bildschirmen. Mithilfe dieser grafischen Kompositionen aus farbigen und schwarz-wei�en Balken lie� sich der Fernsehempfang via Antenne besser einstellen. Sie waren weltweit die wohl pr�sentesten abstrakten Bilder. Doch der Siegeszug des Kabelfernsehens und der 24-Stunden-Programme machte sie �berfl�ssig: 1997 schaltete in Deutschland der letzte Sender sein Testbild f�r immer ab.

Phillip Zaisers drei Jahre sp�ter entstandenes Aquarell erinnert daran, wie schnell einst Allgegenw�rtiges aufgrund technischer Entwicklungen verschwinden kann. Zaiser, der bei Georg Herold und Thomas Bayrle studierte, ist bekannt f�r seine Installationen aus Gem�lden, Objekten und Fundst�cken, die er zu kulissenhaften R�umen ausbaut, in denen er M�rchen, Popkultur und die eigene Biografie genauso thematisiert wie formale oder bildhauerische Fragen. Dabei konstruiert er auch mal riesengro�e Kuscheltiere aus Holzabf�llen oder besch�ftigt sich mit m�nnlich gepr�gten „Welten“ wie Western-Filme, Motocross-Parcours oder b�rgerliche Herrenzimmer. Das Testbild zur Sendepause ist eine Hommage an das alte Westdeutschland und zugleich ein Pausenzeichen in Zaisers Kunstproduktion, ohne Inhalt und Gegenstand, ohne Unterhaltung, geometrisch-abstrakt und doch ganz allt�glich.