Work from Underneath
Lubaina Himid im New Museum

„Ich verstehe mich als Malerin, aber auch als kulturelle Aktivistin“, erkl�rt Lubaina Himid. Migration, Rassismus und die klischeehafte Repr�sentation von Schwarzen in den Medien und der Kunst sind zentrale Themen in ihrer Arbeit. Himid wurde 1954 auf der ostafrikanischen Insel Sansibar geboren und wuchs in Gro�britannien auf, wo sie eine wichtige Rolle im Black Arts Movement der 1980er- und 1990er-Jahre spielte. Lange war sie nur Insidern bekannt. Doch das hat sich 2017 ge�ndert, als sie als erste schwarze Frau mit dem Turner Prize ausgezeichnet wurde. Bereits ein Jahr zuvor erwarb die Sammlung Deutsche Bank mehrere ihrer Papierarbeiten. Diesen Sommer widmet das New Yorker New Museum der K�nstlerin eine gro�e Ausstellung. Zu sehen sind ihre j�ngsten Werke: Skulpturen, Gem�lde, Klanginstallationen und Textilien, in denen es um die ambivalente Wirkung von Architektur und Sprache geht – beide k�nnen Gemeinschaft erzeugen, aber auch ausgrenzen.
 
Work from Underneath lautet der programmatische Titel der Ausstellung, Himids erster Schau in den USA. Sie setzt damit konsequent ihre Auseinandersetzung mit dem, „was unter den Teppich der Geschichte gekehrt wurde“, fort, mit den Auslassungen, Widerspr�chen und verdr�ngten Kapiteln einer Geschichte, die noch immer vorherrschend von Wei�en geschrieben wird. So recherchierte Himid f�r Naming the Money, ihrem Ensemble von 100 lebensgro�en, aus Holz ausges�gten und bemalten Figuren, die Schicksale schwarzer Sklaven, die in Gro�britannien als Hausbedienstete, Musiker oder Akrobaten arbeiteten. Die K�nstlerin gab ihnen ihre Geschichte zur�ck – samt ihrer urspr�nglichen Namen, die sie damals ablegen mussten. „Oft stammen diese Geschichten aus B�chern, die so gut wie unbekannt sind, oder Historiker erz�hlen mir davon“, erkl�rt Himid. „Mein Projekt besteht darin, diese L�cken zu f�llen, diese Geschichten zu malen, das Unsichtbare sichtbar zu machen.“

W�hrend gro�e Themen wie Sklaverei und Kolonialismus den historischen Hintergrund ihres Werks bilden, erz�hlen Himids Bilder dann aber meist Episoden aus dem allt�glichen Leben. Mit ihren leuchtenden Farben und dem grafischen Stil erinnern sie ebenso an Pop Art wie auch an die handgemalten Ladenschilder Westafrikas. Eine wichtige Rolle in ihrem Werk spielen Texte – wie etwa auf den Zeichnungen, die auf bunten T�chern, den „Kangas“ basieren. Diese werden in vielen afrikanischen L�ndern als R�cke oder Kleider getragen, und ihr charakteristisches Design – ein klar abgesetzter Rahmen umfasst Bilder wie Palmen oder Blumen, die von einem Spruch begleitet werden – hat die K�nstlerin zu einer ihrer wichtigsten Werkgruppen inspiriert. Statt den �blichen Sprichw�rtern finden sich auf Himids „Kangas“ kurze Zitate von afroamerikanischen Schriftstellern und Aktivisten wie James Baldwin oder Audre Lorde. Slogans wie „How do you spell change?“ oder „So many dreams” zeugen dabei von unerf�llten Sehns�chten und dem Traum von einem besseren, gerechteren Leben.
A.D.

Lubaina Himid: Work from Underneath
New Museum, New York
26.06. – 22.09.2019